Am Sonntag, den 23. Juni 2024 eröffnete Gamze Kubaşık die Ausstellung „Stopp. Zuhören. Begegnen.“ auf dem Mehmet-Kubaşık-Platz in Dortmund. Alle Familien, Angehörigen und Überlebenden, die die Ausstellung gemeinsam mit den Künstler*innen gestaltet haben, waren zur ersten Präsentation gekommen. Für zwei Tage wurde der Platz in der Dortmunder Nordstadt zum Ausstellungs- und Begegnungsort. Etwa 200 Besucher*innen hörten gemeinsam das Audio-Kunstwerk „Hört mir zu. Dieses Lied ist ein Denkmal“ von Talya Feldman und Carlos Ángel Luppi und konnten die Skulptur aus 26 Erinnerungsschildern von Cana Bilir-Meier, Chana Boekle und Silvia Troian in Ruhe betrachten. Sowohl auf dem Platz als auch später bei einer Veranstaltung in kleinerem Rahmen im Kulturort Depot sprachen die Protagonist*innen der Ausstellung, die Überlebenden und Angehörigen von Opfern rechter Gewalt aus NRW, über ihre Arbeit an der Ausstellung, über ihre Kämpfe um Erinnern und über ihre Forderungen. Auch die Künstler*innen gaben Einblick in ihre Arbeit. Mit Musik von Berivan Kaya und Ozan Ata Canani begann und endete der zweite Teil der Eröffnung.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,
Ich freue mich, die Ausstellung „Stopp, Zuhören, Begegnen“ hier auf dem Mehmet-Kubaşık-Platz in
Dortmund eröffnen zu dürfen. Die Ausstellung erzählt Geschichten von Widerstand und Resilienz
in NRW in Form von Skulpturen und Sound.
Die Ausstellung ist eine Intervention im öffentlichen Raum. Durch unser Gedenken müssen wir
davor warnen, was geschehen kann, wenn wir uns vor unangenehmen Wahrheiten verschließen.
Deutschland muss den Terror des NSU und die Kontinuität rechter, rassistischer und
antisemitischer Gewalt auf jeglichen Ebenen als Teil der Geschichte dieses Landes anerkennen.
Wir müssen die Geschichte und Kultur der Verleugnung in Frage stellen und den Betroffenen,
Überlebenden und Familien der Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt zuhören
um zu zeigen, dass aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt wurde. Mein Vater und die anderen
Opfer sollen niemals vergessen werden. Alle Menschen sollten sich fragen, was eigentlich der
NSU ist, warum nicht weiter ermittelt wurde und was die Mitschuld des Staates an den Morden und
Anschlägen ist. Die Ausstellung hilft nicht nur dabei, die Erinnerung an die Opfer aufrecht zu
erhalten, sondern auch die vielen offenen Fragen nicht zu vergessen.
Damit die Erinnerung an die Opfer der NSU-Mordserie und weiterer rassistischer und
antisemitischer Anschläge erhalten werden kann, muss der Raum dafür geschaffen werden. Wir
alle tragen die Verantwortung, Erinnern als konstruktives Handeln zu verstehen. Es muss Orte und
Räume geben, in dem das Recht auf Wahrheit und Aufklärung gegeben ist – etwas das mir und
meiner Familie jahrelang verwehrt wurde. Gerechtigkeit kann nur geschaffen werden, wenn uns
Raum zum Erinnern gegeben wird. Die Begegnung mit vielen solidarischen Menschen, die mit uns
gemeinsam für Aufklärung kämpfen, gibt uns Kraft.
Ich danke den Künstlerinnen und Künstlern für ihre Solidarität und ihren Beitrag zu einer
lebendigen Erinnerung. Ich wünsche mir, dass viele Menschen die Ausstellung sehen und hören
und sich begegnen. Wir sind als Angehörige, Betroffene und Überlebende rassistischer, rechter
und antisemitischer Gewalt Teil der Geschichte unseres Landes. Der Kampf gegen das Vergessen
und für Aufklärung ist auch ein Kampf für Sicht- und Hörbarkeit.
In diesem Sinne: Solidarität statt Schlussstrich! Stopp. Zuhören. Begegnen.
Fotos von Eva Grütgen (Hochschule Düsseldorf)